Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung und Berücksichtigung von Gestehungskosten bei Entgeltverhandlungen nach SGB VIII

VG Greifswald, Beschl. v. 27.9.2011 2 B 857/11 

In diesem Eilbeschluss hatte sich das Verwaltungsgericht Greifswald mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Jugendhilfeeinrichtung im Rahmen der Vergütungsverhandlungen dazu gezwungen ist, auf Anforderung der Kostenträger eine Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen. Das Gericht hat sich dabei für ein Eilverfahren sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Einrichtungsträger (ein gemeinnütziger eingetragener Verein) steuer- und handelsrechtlich buchführungspflichtig ist und darüber hinaus eine Gewinn- und Verlustrechnung erstellen muss, dann aber entscheidend darauf abgestellt, dass sich keine sozialrechtliche Pflicht zur Erstellung einer Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung ergebe.  Im konkreten Fall betrieb der Verein mehrere Einrichtungen und der Kostenträger hatte quasi „in’s Blaue“ die Vorlage einer Gewinn- und Verlustrechnung zur Voraussetzung seiner Verhandlungsbereitschaft erklärt. In der Praxis  sind diese Vorlagepflichten häufig umstritten und beeinträchtigen die Verhandlungen. Dabei herrscht oftmals Unkenntnis über die steuer- und handelsrechtlichen Pflichten, so dass Unterlagen verlangt werden, die gar nicht vorhanden sind.  Der Beschluss stellt klar, dass der Einrichtungsträger zunächst frei in der Wahl der Mittel zur Plausibilisierung seiner Forderung ist. Nur im Ausnahmefall und mit konkreter Begründung können weitere Unterlagen gefordert werden.Darüber hinaus war zu klären, ob das Vergütungsangebot unterhalb der notwendigen Gestehungskosten des Einrichtungsträgers  festgesetzt werden darf.  Zwar bestehe das Recht der Kostenträger, die Wirtschaftsführung auf Einsparmöglichkeiten zu prüfen und gegebenenfalls Ausgabenposten zu beanstanden, die offensichtlich vermeidbar sind (z.B. übertarifliche Bezahlung des Personals ohne besondere Begründung), weswegen auch die für diese Prüfung erforderlichen Unterlagen vorzulegen sind. Jedoch müsse nach dem Willen des Gesetzgebers ein „auskömmlicher“ Preis gewährleistet werden. Grundsätzlich sind alle Personal- und Sachkosten, die dem Träger bei sachgerechter und sparsamer Wirtschaftsführung entstehen, in die Entgeltberechnung einzubeziehen – für die Bemessung von Eigenanteilen des Trägers ist kein Raum. Diese Klarstellung kann in manchem Schiedsstellenverfahren hilfreich sein.Der externe Vergleich ist zudem im Hinblick auf die Vielzahl differenzierter Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe nur sehr begrenzt möglich. Ein „Marktpreis“ sei daher in der Regel nicht ausschlaggebend. Abzustellen sei vielmehr auf einen Kostenvergleich, aus dem gegebenenfalls Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit möglich sind.